„Was?!?“, rufe ich entsetzt, „drei Wochen Gips!!!“
„Das hat er gesagt.“
„Och nööööö!“. Ich lasse mich auf die Krankenliege fallen. Blöde Idee, denn sofort fährt mir der Schmerz in mein linkes Fußgelenk.
„Schöne Scheiße“, stöhne ich.
„Sport ist Mord! Sag ich doch schon immer.“
„Ja, vielen Dank auch, Joe, das hilft mir jetzt auch nicht weiter!“
„Ach komm, Max, jetzt sei nicht genervt.“, versucht er mich zu beruhigen. „Wir machen das Beste draus. Wir sind schon fast seit einer Woche hier und haben noch nichts von der Insel gesehen. Wir machen jetzt halt einfach Ausflüge und außerdem kommen Christoph und Stefan bald.“
„Ich wollte aber kiten!“
„Das hat sich hiermit glaube ich für die nächste Zeit erledigt…“ Er deutet auf meinen dicken Knöchel.
„Schöne Scheiße!“
„Sagtest Du bereits…“
Das war’s mit nahtlos braun werden, denke ich genervt, während die Krankenschwester mir den Gips anlegt. Aber hätte ich den Unfall verhindern können? Ja, eigentlich schon, muss ich mir eingestehen, denn die Vorzeichen standen schlecht – aber natürlich musste ich mich selbstüberschätzen.
Ich wollte schon seit einiger Zeit Kitesurfen lernen. Nach einigen Anfängerkursen und dem Kauf meiner eigenen Ausrüstung, sollte dieser Urlaub den Durchbruch auf dem Wasser einläuten.
Das Sportzentrum René Egli auf Fuerteventura ist der perfekte Ort dafür. Ich fragte Joe (eigentlich Joachim) ob er Lust hat mitzukommen.
Hatte er.
Also buchten wir unsere Flüge und eine Unterkunft ganz in der Nähe vom Kitesurf-Spot an der Playa Sotavento.
Der Platz war tatsächlich perfekt. MELIA FUERTEVENTURA ****
Eine riesige Lagune lag direkt unterhalb unseres Hotels. Die Kiter sausten nur so über das stehtiefe Wasser. Und wir waren hier!
René Egli – das ist das Sportlerparadies von Fuerteventura! Im Norden der Lagune ist der Spot für die Kitesurfer, im Süden können sich die Windsurfer austoben. Die Lagune ist der Grund, warum ich unbedingt hierher wollte. Das perfekte Revier für Anfänger!
Umgeben von Land von allen Seiten gibt es keine Gefahr, mit dem Kite irgendwo auf das offene Meer hinausgetrieben zu werden. Allerdings füllt sich die Lagune nur bei Flut mit Wasser. Ich war so gierig danach, dass wir gleich zum nördlichen Zentrum liefen. Wie eine Oase in der Wüste liegt es am Fuße eines Hügels, nur ein Katzensprung von unserem Hotel entfernt. Dort sahen wir nur sonnengebräunten Surferboys und -girls. Wobei uns eher die Boys auffielen, von denen hier eine Menge rumliefen. Shorts, nackte Oberkörper, vom Wasser und der Sonne gebleichte, lange Haare, ein lockeres, völlig entspanntes Lächeln auf den Lippen.
Ich hätte am liebsten meine Ausrüstung ausgepackt und wäre aufs Wasser, aber es war schon fünf Uhr und so legten wir uns nur auf die Liegen und tranken ein Bier.
Es war irgendwie auch geil, das ganze Flair nur so in sich reinzusaugen.
Die Sonne schien, ein warmer Wind wehte durch die Palmen, unter denen die Liegen standen mit Blick auf das Meer und die Kiter. Im Hintergrund lief Cafe del Mar Musik.
Das ist, was man eine wahre Chill-Out Area nennt.
So verbrachte Joe die nächsten Tage auch nur auf der Liege. Er wollte zwar lesen, aber das „Ablenkungspotential“ war übermächtig. Eigentlich hätte er eher ein Sabberlätzchen als ein Buch gebraucht.
Ich wiederrum versuchte mich am Kiten.
Aber es war wie verhext.
Entweder der Wind zu stark, oder die Lagune leer.
Für die Könner war das unerheblich. Sie zischten nur so über das Wasser, machten meterweite und hohe Sprünge und genossen die pure Lebenslust.
Für einen Max, der weit davon entfernt war, sich als Könner zu bezeichnen, war es frustrierend.
Und so hieß es warten, warten, warten. Warten auf die perfekten Bedingungen.
Ich übte währenddessen am Strand mit meinem Drachen und ließ mich auf meinen Füssen durch den Sand ziehen. Ab und zu, wenn eine stärkere Windböe kam, machte ich einen Satz und landete sanft einige Meter weiter.
DAS will ich endlich auch auf dem Wasser haben!
Aber nein, das Warten ging weiter.
Von Tag zu Tag verlies mich meine Geduld mehr und mehr.
Heute, am vierten Tag, hatte ich dann genug!
Die Lagune war gerade leer, egal – dann gehe ich eben ins Meer!
Es war auflandiger Wind, also dachte ich, keine Gefahr irgendwohin abgetrieben zu werden.
Ich legte mir mein Trapez an und schnallte mich an den Kite.
Dann zog ich an den Leinen und sofort sauste der 15 Quadratmeter große Drache in die Luft und zog mich ein Stück weg.
Hmm, der Wind war stärker als die letzten Tage. Egal!
Ich schnappte mein Board und lief zum Wasser.
Rein ins Meer.
Möglichst weit rein, sonst bin ich gleich wieder am Strand.
Boar, sind aber ganz schön hohe Wellen hier! Egal!
Ich kämpfte mich weiter.
Eine Welle riss mich fast rum, drückte mein Board weg von mir.
Sofort zog mich der Drache in die andere Richtung.
Uhi, gar nicht so einfach bei dem Wind den Drachen mit einer Hand unter Kontrolle zu halten und gleichzeitig sein Board durch das Wasser zu führen.
Ich kämpfte mich weiter.
Die nächste Welle kam.
Größer.
Wieder drückte sie mein Board weg. Ich verlor kurz mein Gleichgewicht. Sowas vergibt der Drache nicht gern. Hart zog er mich Richtung Strand.
Wasser schoss mir ins Gesicht, als ich durch die Gischt gezogen wurde. Das Board löste sich aus meinem Griff.
Doch meine Übungen mit dem Drachen zahlten sich aus. Ich bekam ihn rechtzeitig unter Kontrolle.
Keuchend stand ich da und suchte nach meinem Board.
Dort!
Vielleicht sollte ich es doch lassen heute?
Quatsch! Jetzt habe ich so lange gewartet!
Also wieder zum Board, wieder gegen die Wellen und das Meer kämpfen.
Endlich war ich hinter dem Punkt, an dem sich die Wellen brachen.
Und völlig aus der Puste. Egal!
Jetzt gilt’s!
Ich schlüpfte mit den Füssen in die Schlaufen auf dem Board, lenkte den Drachen ins Windfenster und er zog mich aus dem Wasser und ich stand auf dem Brett!
JAAAA! GEIIIL!
Mehr wackelig als sicher fuhr ich endlich ein paar Meter – ach was, ich kitete!!!
Es muss schrecklich vom Strand aus aussehen, aber egal! Ich kitete!!!
Ich sah zum Strand.
Joe hielt eine Kamera in der Hand und kam aufgeregt in meine Richtung gelaufen. Er begann zu filmen.
Langsam kam ich dem Strand immer näher.
Ich sollte abbrechen.
Dann passierte es.
Eine Windböe erfasste meinen Drachen und zog mich nach vorn. Ich stemmte mich mit ganzer Kraft mit meinen Füssen gegen das Board und damit gegen das Wasser.
Das war ein Fehler.
Der Druck riss mich aus den Schlaufen und wie ein Katapult wurde ich vom Drachen nach oben gerissen.
Ich flog!
Es war ein kurzer Flug – aber er reichte um mich in Richtung Strand zu befördern.
Meine Beine wirbelten durch die Luft.
Der Strand kam näher.
Die Landung auch.
Ich knallte mit voller Wucht auf meinen linken Fuss, knickte um und legte mich flach der Länge nach auf den Bauch.
Zwanzig Meter weiter sauste mein Drache mit einem lauten Knall auf den Boden.
Und Joe kam auf mich zugerannt und filmte alles.
Na Prima!
Nicht egal! Sondern doppelte Bänderzerrung!
Auf nach Corralejo!
„Max, du hast doch gesagt, du möchtest auf Fuerteventura flachgelegt werden…“
„Ich hatte dabei nicht an meinen Drachen gedacht!“
Wir müssen beide lachen. Als wir über eine Bodenwelle fahren, klappern meine Krücken spöttisch auf der Rückbank.
„Mich juckt’s im Gips!“
„Nach einem Tag? Kann ja gar nicht sein.“
„Doch! Ich sag’ dir, die haben da Sandkörner drin vergessen!“
„Jetzt vergiss mal deine Wehleidigkeit und schau aus dem Fenster, sonst verpasst du das Schönste!“
Stimmt!
Weiße Sanddünen sind vor uns aufgetaucht. Rechts das blaue Meer, vor uns weißer Sand.
„Wie kommen die denn hierher?“ frage ich. „Die sind ja richtig schneeweiß!“
„Das ist der Parque Natural von Corralejo.“
„Hat dir das dein schlauer Reiseführer gesagt?“
„Nö, Erik…“
„Erik?“ frage ich neugierig
„Na der von der Strandbar… der große Blonde-“
„- mit den schwarzen Schuhen?“ unterbreche ich ihn.
Er lacht.
„Nein, der hatte ja noch nicht mal FlipFlops an.“
„Dir wär’s wahrscheinlich lieber gewesen, er hätte gar nichts an.“
Joe grinst in sich hinein.
„Na, jedenfalls habe ich ihn gefragt, was man hier auf der Insel so unternehmen kann und er erzählte von diesem weißen Sand im Norden.“
„Was du natürlich bereits gewusst hast, aber sicherlich ganz unschuldig getan hast…“
„Kennst mich doch. Grins.“
Die Straße vor uns ist wie eine schwarze Schneise und schneidet sich durch den unglaublich weißen Sand.
„Halt mal an.“ sage ich „Das sieht ja echt toll aus!“
„Ähm, ja… gleich…“ Joe tut plötzlich ganz geheimnisvoll.
Kurz drauf gibt es rechts der Straße eine längliche Parkbucht. Auf einem Schild steht „KM 22“.
Joe parkt den Wagen in eine Reihe mit anderen Autos.
Ich wundere mich. Viele Autos, die plötzlich gehäuft an einem einsamen Strandabschnitt rumstehen…? Mein Gay-Radar springt sofort an.
„Willkommen am Strandabschnitt ‘Kilometer 22’ – dem Gay-Beach von Corralejo!“ sagt Joe in bester Reiseleitermanier.
Ich greife sofort nach meinen Krücken und steige aus. Es geht besser, in dem Sand vorwärtszukommen, als ich dachte. Nur ein wenig graben sich die Krücken in den Boden.
Hinter einer kleinen Düne geht es runter zum Strand.
Doch für mich könnte es sich dabei auch um eine fünf Meter hohe Mauer handeln – denn genau da stoßen meine Krücken an ihre Grenzen! In dem weichen Dünensand ist kein Vorwärtskommen auf diese Art. Und die Gefahr, umzufallen und damit dann richtig viel Sand in den Gips zu bekommen, ist zu hoch. Ich gebe auf.
Ausgerechnet jetzt!
Na toll!
Joe blickt mich hilflos an.
„Geh schon, ich warte hier beim Auto!“, sage ich zerknirscht.
Während Joe hinter der Düne verschwindet, schaue ich mir die Umgebung an. Mit irgendwas muss ich mich ja beschäftigen.
Mensch, dieser Sand. Einfach unglaublich, wie weiß er ist.
Er blendet sogar.
Am liebsten würde ich mir davon etwas abfüllen, aber es ist leider verboten und wird einem spätestens am Flughafen abgenommen.
Dabei ist der Sand so schön fein.
Ich blicke Richtung Meer und der Kontrast des tiefblauen Wassers zu dem Hell des Sandes beeindruckt mich.
Hinter dem schwulen Strand sehe ich eine kleine Insel – Isla de Lobos.
Lobos? Denke ich. Das heißt doch Wolf auf Spanisch. Kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass es da Wölfe geben soll. In Nachhinein erfahren wir, das Lobo auch Seehund heißt und es dort eine riesige Kolonie gibt.
Dort stört sie offensichtlich niemand.
Mich stört hier auch niemand.
Leider.
Wo bleibt Joe denn so lange?
Ich humple zurück zum Auto und hocke mich auf die Motorhaube.
Ein Wagen kommt angefahren und hält hinter uns. Als ich mich umdrehe steigen zwei junge Spanier aus. Na, wo die wohl hinwollen?
„Holá, was hast du denn angestellt?“, fragt der eine und lächelt. Seine Zähne lassen den Sand dazu dunkelgrau erscheinen.
„Habe versucht zu kiten.“
Sie lachen.
„Und? Gebrochen?“
„Nö, Bänderzerrung“, sage ich geknickt. „Und ihr, seid ihr von hier?“
„Nein, vom Festland. Aber wir haben gehört, dass man hier wunderbar…“, sie schauen sich an „… schwimmen kann.“
Jetzt müssen wir alle drei lachen. Sie gehen zu der Düne.
„Hej, wenn ihr einen großen Kerl mit einem orangenen Käppi seht, dann sagt ihm, er kann sich ruhig Zeit lassen, ich stehe hier gerne rum“, rufe ich ihnen nach.
Als Joe zurückkommt ist er noch ganz nass vom Meer.
Er war schwimmen.
Ja, habe ich schon gehört, dass man hier ganz toll ‘schwimmen’ kann, denke ich.
Wir steigen ein und fahren weiter direkt nach Corralejo. Währenddessen taucht hinter der Isla de Lobos eine weitere Insel auf – Lanzarote.
Es war mir überhaupt nicht bewusst, dass Lanzarote und Fuerteventura so nah beieinander liegen. Nur etwa 10 Kilometer trennen die beiden. Als wir an der Hafenpromenade von Corralejo ankommen, hat man fast den Eindruck man könnte einfach rüber schwimmen.
Corralejo ist ein beschauliches, nettes Hafenstädtchen. Früher war es ein Piratennest. Die Nähe zu Lanzarote auf der einen Seite und gleichzeitig die weite Entfernung zur Inselregierung im Süden auf der anderen Seite, waren ideale Voraussetzungen dafür einen blühenden Handel mit Schmugglerware zu betreiben. Davon ist heutzutage natürlich nichts mehr zu sehen. Ganz im Gegenteil sogar – das Städtchen wirkt aufgeräumt mit seinen gelben, orangen und roten Häuschen.
Von Corralejo haben wir natürlich schon vor unserer Reise gehört. Es ist der schwule Ort hier auf Fuerteventura. Auch wenn man ihn bei weitem nicht mit Playa del Inglés auf Gran Canaria vergleichen kann. Es gibt eine Gay-Sauna, die passenderweise den Namen ‘KM 22’ trägt. Der Gay-friendly Club und die Bar sind integriert und heißen ‘Lobos Paradise’. Öffnet allerdings erst ab fünf.
Wir setzen uns deshalb in ein Straßenrestaurant in der Nähe des Hafens. Es gibt Pan con Aglio Olio, Pimentos de Padron, Gambas und einen leckeren Fisch. Danach sind wir erst mal platt.
Gemütlich und ohne Zeitdruck fahren wir wieder zurück in den Süden und lassen den Abend in der hoteleigenen Chill-Out Bar ausklingen. Wenn man mit einem Cocktail in der Hand auf einem Day-Bed den Sonnenuntergang betrachten kann, dann weiß man, wie gut es einem geht.
Neuer Tag – neuer Ausflug.
So langsam gewinne ich meinem Gipsbein auch tatsächlich etwas Positives ab. Hatte ich zuvor fest damit geplant, die komplette Woche nur auf dem Wasser zu verbringen – so lerne ich jetzt zumindest Fuerteventura kennen.
Und ich bin baff, wie sehr diese Insel sich von Gran Canaria unterscheidet. Während es auf Gran Canaria Richtung Inselmitte immer nur bergauf geht, hat Fuerteventura teilweise weitläufige Ebenen. Jetzt lacht nicht, aber es erinnert mich sehr an den Westen der USA mit seiner schier endlosen Landschaft.
Wobei das in meinem Kopf irgendwie nicht zusammenpassen will. Ist doch die Insel so winzig im Vergleich dazu. Wie kann es dann hier solche Ebenen geben?
Aber es gibt sie und die Weite fühlt sich gut an, als wir die schnurgerade Straße entlangfahren. Vorbei an alten Windmühlen, die hier und da auf kleinen Hügeln stehen, geht es Richtung Berge – nach Betancuria.
Betancuria entpuppt sich als Kleinod. Eingebettet zwischen Hügeln strahlt er Ruhe aus. Alles hier ist irgendwie Idyllisch. Es gibt ausschließlich weiße Häuser, dazwischen grüne Palmen. Wir entdecken einige liebevoll gestaltete Hinterhöfe und schließlich eine Bar, welche man so eher auf Bali vermuten würde. Bei einem genüsslichen ‘Cafe con leche’ lassen Joe und ich die Seele baumeln und sind uns einig:
Für den heutigen Tag war es der perfekte, kleine Ausflug.
Morro Jable
„Toooom… Joeeee!“
Zwei heftig winkende Gestalten kommen auf uns zu. Christoph und Stefan! Wobei, eigentlich winkt nur Stefan ganz eifrig. Christoph trottet hintendrein.
Hmm, denke ich, die hatten wohl mal wieder einen Krach.
Das kann ja lustig werden.
Es ist unser letzter Tag auf Fuerteventura und wie es der Zufall so will, macht das Kreuzfahrtschiff von Christoph und Stefan genau heute hier halt. Schnell war vereinbart, dass wir den Tag gemeinsam verbringen wollen. So sind wir heute Morgen die knapp 70 Kilometer von Sotavento nach Puerto del Rosario gefahren um die zwei abzuholen.
„Oh ist das schön euch zu sehen!“ Stefan ist ganz aus dem Häuschen. „Das ist ja sooooo schön hier!“
Christoph verdreht die Augen und umarmt mich.
„Was ist los?“, flüstere ich ihm ins Ohr.
„Steffi halt…“ er zuckt mit den Schultern. Dann deutet er auf meinen Gips. „Aber was ist denn mit dir passiert?“
Erst jetzt bemerkt Stefan auch mein Handicap.
„Sportunfall. Ich dachte, ich versuche mal zu kiten…“
„War wohl nicht so erfolgreich…“
„Lach, nein!“ entgegne ich, „Aber was soll’s, wir machen das Beste daraus. Und bei euch? Wie ist Eure Kanaren-Kreuzfahrt?“
„FANTASTISCH! Tolles Schiff! Tolles Essen! Tolle Kerle“
Stefan – wie er leibt und lebt – immer überschwänglich!
„Jetzt übertreibt SIE schon wieder“
Christoph – auch wie er leibt und lebt – immer nüchtern!
„Müsst ihr uns gleich mal im Auto erzählen.” meint Joe. “Wir dachten, wir fahren in den Süden, nach Morro Jable, denn wir sind gerade hier durch Puerto del Rosario durchgefahren und es gibt irgendwie nichts. Wär’ das ok?“
„Aber selbstverständlich! WUNDERVOLL! Ich bin schon ganz hibbelig!“ ruft Stefan und klatscht in die Hände.
„Na, das kann ja heiter werde…“ murmelt Christoph als wir ins Auto einsteigen, aber Stefan ignoriert ihn.
Während wir nun ganz zum südlichen Ende Fuerteventuras fahren, hören wir alle Einzelheiten der Kreuzfahrt. Von der Kabinenausstattung („Toll!“), über das Essen im Bordrestaurant („Ausgezeichnet!“) bis hin zum Bordpersonal („Äußerst hilfsbereit!“). Stefan ist noch mitten im Redeschwall, als wir bereits Morro Jable erreichen – und gleich an der ersten Rainbow-Flag vorbeikommen – und daran vorbeilaufen.
Denn wir haben jetzt erst mal Hunger!
Riesenhunger!
Also lassen wir etwaige Gay-Bars von Morro Jable links liegen und nehmen das erstbeste Restaurant, das wir Richtung Strand finden. Ein Blick in die Karte verblüfft uns zunächst mit seltsamen Spezialitäten.
„Würtschen? Papirka? Hähnchenflüge?“ sage ich ungläubig. „Da hat wohl jemand die Wechselstaben verbuchselt!“
„Hähnchenflüge ist aber geil!“ lacht Joe, „Da kommen einem wohl die Hähnchen direkt in den Mund geflogen. Das nenne ich Paradies!“
„Sollen wir woanders hingehen?“ fragt Christoph in die Runde.
Wir schauen uns unschlüssig an.
Mein Magen knurrt und will jetzt was essen.
„Also, ich weiß gar nicht was ihr habt“, meint Stefan schließlich. „Das Hähnchen sieht doch lecker aus!“
„SO EIN SCHWACHSINN!“ platzt es aus Christoph raus. „Weißt du eigentlich, was du für VÖLLIGEN Blödsinn von dir gibst?“
„Wieso, ich sage doch nur-“
„DA SIND KEINE BILDER AUF DER KARTE STEFFI!“
„Na und?“
„Na und fragst du?“ Christoph schüttelt den Kopf.
„Ich habe eben eine ausgeprägte Vorstellungskraft…“ Stefan lässt sich nicht beirren.
„Ich habe auch gleich eine Kraft, die dich prägt – das kannst DU dir vorstellen!“
„Blöde Kuh!“
„Selber blöde Kuh!“
Woraufhin sie erstmal ihre Stühle voneinander wegdrehen und mit finsterer Miene in entgegengesetzte Richtungen schauen.
Joe und ich blicken uns an und können uns das Lachen kaum verkneifen. Wie ein altes Ehepaar die zwei!
Nachdem wir unseren Hunger gestillt haben – das Essen war übrigens so, wie es die Karte versprochen hat, nämlich etwas irritierend – laufen wir nun die Strandpromenade entlang. Und an wunderbaren Restaurants vorbei auf deren Tischen sehr leckere Speisen stehen.
Naja, beim nächsten Mal dann eben.
Unsere zwei Streithähne haben sich wenigstens wieder beruhigt und sind schon wieder eine Herz und eine Seele.
Wir gehen zum Strand, der wirklich traumhaft aussieht. Hier kann man verstehen, warum Fuerteventura der ‘Strand der Kanaren’ genannt wird. Rechts das türkisfarbene Meer auf dem Windsurfer ihre Bahnen ziehen, vor uns weißer Sand mit sonnenhungrigen Badegästen. Links geht der Sandstrand eine steile Düne hoch und wird oben von Palmen gesäumt.
Ich komme sogar gut mit meinen Krücken zurecht. Nur allzu weit kann ich nicht laufen.
Brauche ich auch nicht.
Denn als wir um den gebogenen Strand herumlaufen, öffnet er sich und wird breiter. Erstaunlich viele junge Leute sind hier. Die meisten liegen auf ihren Handtüchern, doch einige spielen Volleyball, oder sind im Meer.
Das ist ein toller Platz!
Wir entdecken eine Beach-Bar. Mit Stühlen und Tischen im Sand – so wie ich es liebe.
So genießen wir ein kühles Bier und beobachten die Strandboys, während wir uns die Sonne auf die Bäuche scheinen lassen.
Was für ein schöner Ausklang unseres Urlaubs, denke ich.
Für unseren Geschmack viel zu früh müssen wir schon wieder aufbrechen. Aber Christoph und Stefan müssen so langsam wieder zurück zum Schiff – und wir noch packen, denn morgen geht es wieder zurück nach Deutschland.
Leider.
Auch wenn der Urlaub ganz anders gelaufen ist, als ich ihn geplant hatte. Im Endeffekt bin ich zwar nicht froh über mein Gipsbein, aber doch happy, dass ich durch den Unfall so viel von der Insel gesehen habe. Ich muss zugeben, die Kanaren geben deutlich mehr her, als ausschließlich Gran Canaria.
Jedenfalls spiele ich schon in Gedanken durch, nächstes Jahr wieder herzukommen. Dann will ich aber auch endlich meinen Durchbruch beim Kitesurfen haben!
Ihr könnt sicher sein, ich werde Euch davon berichten.
Macht’s gut, keep cool – und Hals und ‘Beinbruch’ an Euch alle!
Euer Max